Großer Reformbedarf in Aserbaidschan und ungelöster Konflikt um Bergkarabach

Veröffentlicht am: 10 июня 2017 | Online: 04 февраля 2024
Nach dem letzten Schlagabtausch auf der Kontaktlinie herrscht in der Minsker Gruppe die Meinung vor, Baku wäre an der erneuten Eskalation schuld, wobei Ilham Aliyev beteuert, die Situation begann, anzuspannen, nachdem ein Soldat der aserbaidschanischen Armee erschossen wurde. Aserbaidschan hält es im Rechten, Armenien, auch wenn möglich mit der Artillerie zu antworten. In der aserbaidschanischen Elite herrscht die Irritation, Jerewan wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Darum bleibt nichts anderes übrig, als mit kurzzeitigen Kriegshandlungen die Situation in eigenen Vorteil umzuwandeln, wofür eine stillschweigende Zustimmung Russland erholt wurde. Die Lage nach dem Aprilkrieg macht für beide Parteien einen Großkrieg unrealistisch und schwierig einen strategischen Durchbruch zu erzielen.
Armeniens GRAD Raketen auf dem Weg nach Berg Karabach

Najamaddin Sadigov

Najmaddin Sadigov, der seines ethnischen Ursprungs wegen Lesginer (dagestanisches Volk) ist, gilt unter den hohen Offizieren, besonders unter Absolventen der türkischen Militärschule als verdächtig und ist als lang ausgestreckte Hand Russlands in Aserbaidschan bekannt. Russland reservierte praktisch für ihn das Amt des Generalstableiters und des stellvertretenden Verteidigungsministers, er hat den Rang des Generalobersts. In 2011 wurde er als Lesginer mit einer Medaille „Nationaler Held Dagestans“ ausgezeichnet. Auch Verdacht wird geschöpft gegen ihn, weil er nur Russisch kaum Aserbaidschanisch spricht, außerdem in seiner Amtszeit viele Besitztümer angeschafft haben soll. Unerklärlich sind für diejenigen, sein Besuch während des 1-4. April-Krieges in Moskau.

Diesem allen ist zu entgegnen, dass Sadigov als Vertraute Aliyev Familie gilt, wobei seine Fähigkeiten über den Kriegszustand zu reflektieren und korrekte Entscheidungen zu treffen, geschätzt wird. Er gilt als besonderer Kenner der militärischen Lage im Südkaukasus, 1992 wurde er zum Oberst ernannt worden und hält gute Kontakte in dem russischen Armeeestablishment, wofür er dem Stabsleiter gewürdigt wurde. Sein Nachfolger in diesem Amt könnte der ehemalige Sicherheitsberater des Präsidenten Vahid Aliyev sein. Neulich abgelöst ist der Präsidenten Militärberater, ein besonderer Kontaktperson für Israel und NATO.  

Die Aufdeckung der Spionagegruppe

Es geht darum, dass im Mai in der angrenzenden Region Tartar etwa über 40 Soldaten, Offiziere hohen Ranges festgenommen wurden, deren Beteiligung an der Spionageaktivität zugunsten Armeniens behauptet wird. In der Anklage gegen sie gibt es Punkte, wie sie seien in der innenpolitischen Destabilisierung aktiviert werden sollen.

Von den Verhafteten wurden bisher mehrere totgefoltert. Die Ermittlungen führt die der Präsidentenadministration und es gibt in der Spezialeinheiten und Präsidialgarde viele, die sich an den „Spionen“ rächen wollen. Sie ergründeten ihr Zorn mit dem Blut ihrer Kameraden, die in dem Aprilkrieg vergossen sind. Etwa 8 der Offizieren und Soldaten sind zum Tode gefoltert, unter anderem wurde ihnen erlaubt, Selbstmord zu begehen. Familien, denen die Leichen ihrer Söhne zugeschickt werden, wird erklärt, ihre Söhne wären Verräter und manche werden unkenntlich begraben. Unter den Festgenommenen gibt es zivile Leute, die zu den Offizieren nahestehen sollen.  

Den Verhafteten wird vorgeworfen, in der Zeit, als der Krieg ausbrach und davor, die Lokation der aserbaidschanischen Aufklärer und Armeeoperationen an die armenische Seite gemeldet zu haben. Laut unserer eigenen Quelle waren die armenischen Streitkräfte so gut informiert, dass sie völlige Kontrolle und Übersicht über die Aktionen der aserbaidschanischen Armee hatten und mit aserbaidschanischen Uniformen in der Stadt Tartar frei verkehrten. Die Gruppe der Ermittler überprüft jetzt, wie die Kontaktaufnahme und auf welchem Territorium (Georgien, Türkei, Russland) mit armenischem Geheimdienst stattfand. Es wird überprüft, welcher von den Offizieren in der Zeit beurlaubt gewesen ist und ob es die Übergabe der Zahlungen an ihren Verwandten gegeben hat.  

Es gibt auch eine andere Version, dass jene bespitzelten Militäroffiziere möglicherweise die Terroraktivitäten innerhalb des Landes organisieren würden, denn Armenien momentan auf dem Schlachtfeld nicht besonders vergeltungsbereit ist. In der militärischen Auseinandersetzung an der Frontlinie ist heutzutage Aserbaidschan mit besonderen Waffen zur Aufklärung und Ausspähung überlegen und so denkt die armenische Führung, ob nicht der innenpolitischen Eingriffe die Offensivlinie Aserbaidschan zurückschlagen konnte.

Unter dem früheren Minister der Armee wurden die Abteilungen für Spionageabwehr reorganisiert. Die Stellvertretenden der Abteilungsleiter, die für Personal zuständig waren, wurden abgelöst. Die Struktur ist unter dem neuen Minister erneut in den Auftrag genommen worden. Die Abteilung zur Überwachung und Kontrolle, wie es das „Hauptbehörde“ genannt wird, war dem Präsidialamt untergeordnet, später wurde es dem Ministeriums für Nationale Sicherheit zugegliedert.  

 

Auswirkung auf die Situation an der Grenzlinie

Nach dem letzten Schlagabtausch auf der Kontaktlinie herrscht in der Minsker Gruppe die Meinung vor, Baku wäre an der erneuten Eskalation schuld, wobei Ilham Aliyev beteuert, die Situation begann, anzuspannen, nachdem ein Soldat der aserbaidschanischen Armee erschossen wurde. Aserbaidschan hält es im Rechten, Armenien, auch wenn möglich mit der Artillerie zu antworten. In der aserbaidschanischen Elite herrscht die Irritation, Jerewan wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Darum bleibt nichts anderes übrig, als mit kurzzeitigen Kriegshandlungen die Situation in eigenen Vorteil umzuwandeln, wofür eine stillschweigende Zustimmung Russland erholt wurde. Die Lage nach dem Aprilkrieg macht für beide Parteien einen Großkrieg unrealistisch und schwierig einen strategischen Durchbruch zu erzielen. Russland ist entschieden gegen eine Großoffensive. Armenien spielt vor dem Westen vor, Aserbaidschan und Russland hätten sich über den Plan der step-by-step Lösung des Konflikts vereinbart und dies fördere eine Stärkung der Allianz zwischen Russland und Aserbaidschan. Laut dieser Lösungsvariante bleibt das Schicksal und der Status des Karabachs eine Weile unentschieden und mit der Friedensarmee in der demilitarisierten Zone hält Russland Hebel in der Hand, Druck auf die Parteien auszuüben. Die Waffenlieferungen an Aserbaidschan gehen weiter, neulich wurden die Waffentranspoert  in zwei Partien an dem Bakuer Hafen vorgeführt. Kasan Formel ist heutzutage die Grundlage, also die Befreiung der okkupierten Territorien rund um Bergkarabach, die Demilitarisierung dieser Zone und ein Interim-Status für Karabach, worüber die Verhandlungen seit dem letzten Jahr verlaufen. Aliyev hat einen neuen Terminus eingeführt, wie „substantiellen Verhandlungen“, wobei es darum geht, dass die Verhandlungen ein Ziel haben sollen und nicht Verhandlungen wegen Verhandlungen sein sollen. Ein Aufflammen des Konflikts ist im Sommer, wegen touristischen Zeiten nicht zu erwarten, eher im Herbst des Jahres.

Aserbaidschans Strategie ist momentan mit kurzzeitigen Kriegshandlungen Armenien zu schwächen. Wie man es an den letzten Spannungen an der Frontlinie sehen kann; es ergibt Resultate. Im Juni gab es präzise Artillerieangriffe, wobei bis auf 6 Soldaten Armeniens umkamen, die in Armenien große Diskussionen über die Bereitschaft Sarkisyans Armee hervorgerufen hat.  Im Mai wurde eine Radaranlage OSA Komplex gesichtet und mit aus Israel gekaufter neuer Version der Spike-Rakete an der Stelle zerstört, wobei auch der Komplex selbst bis auch Personal vernichtet wurde. Armenien hat alte OSA-Systeme und wollte es anscheinend in der Richtung Fizuli Khojavend dislozieren, mit dem Versuch den aserbaidschanischen Luftraum zu übersehen.  Warum hat die armenische Seite das Vorrücken eines Zenit-Raketen-Komplexes zugelassen, kann die folgende Bedeutungen haben. Militärisch wollte die armenische Seite damit, die ungreifbaren aserbaidschanischen Drohnen oder auch die Schlagkraft der aserbaidschanischen Armee, wie weit sie die entfernten und verdeckten Angriffsobjekte aufdecken kann, zu prüfen.

Seit Monaten sind die Russland-Aserbaidschan Verhältnisse besonders schlecht, diese haben unterschiedliche Gründe, wie die Auflösung der Aserbaidschaner Union in Russland. Lavrov’s Aussage wie der Konflikt sei nicht die interne Angelegenheit der Parteien, die er auf die Frage eines aserbaidschanischen Journalisten gemacht hat, wird in Aserbaidschan als besonders armeniensfreundlich gedeutet. Dabei soll man seine Aussagen und die Aussagen von Maria Zakharova  so erklären, dass Russland gerade in einer Zwickmühle ist, die volle Verantwortung und die Initiative für die Lösung des Konflikts von den anderen Ko-Vorsitzenden zu übernehmen. Frankreich und USA haben faktisch das Mandat an Russland übergeben, mit der Absicht, Russlands Kapazitäten als Schlichter zu strapazieren. In der Trump-Administration ist außerdem bisher niemand bekannt, der der Karabachfrage annehmen kann. Es wird die Ablösung des US Co-Chair erwartet.

Ein weiteres Vertrauensproblem in der russisch-aserbaidschanischen Beziehungen ist, dass Russland im November des letzten Jahres mit Armenien eine Gemeinsame Russland-Armenien Streitkräfte bildete, der Armenien erlaubt, seine Grenzen (nicht Karabachs-Grenzen) durch Russland zu schützen und die russischen Waffen nach dem inländischen Preis aufzukaufen. Es bedeutet auch, dass Armenien von dem gänzlichen Kommando des Südlichen Militärbezirks der russischen Armee, also Schwarzmeer und Kaspischen Meerflotte verteidigt wird. Armenien bekam z. B 300 Portable Ein-Mann-Boden-Luft-Raketen, die jeder Armeeeinheit in der Frontlinie 2 zugewiesen wurde, was heißt, die Operationen der Luftkräfte und Hubschrauber Aserbaidschans faktisch unmöglich werden.

Änderungen in der Regierung

Nach den neuen Reformen sind die ehemaligen Abteilungsleiter alle jetzt Präsidentengehilfen oder Präsidentenberater, wodurch sie nicht mehr dem Administrationschef Ramiz Mehdiyev unterstellt werden. Davor waren sie entweder stellvertretenden des Administrationschefs oder Abteilungsleiter, was das Regieren in solchem System noch komplizierter machte. Dem Administrationschef werden nur die technischen Angelegenheiten überantwortet. Eine der Veränderung ist die Auflösung der Abteilung für Militärfragen, wobei diese Branche dem Innenminister untergeordnet wird. Damit wird die Militärfragen jetzt dem Innenministeriums Kontrolle überlassen. Das System erweist sich ineffektiv, insbesondere wenn man sieht, wieviel Milliarden in IBA Affäre vergeblich investiert wurde, wobei keine der Abteilungen den Präsidenten darüber informiert hat oder dies verhindert hat. Auch die Sache mit den Aktivitäten des Geheimdiensts ist ein weiteres Beispiel. Nach der Errichtung des Instituts der Vizepräsidentin wird die Nützlichkeit des Ministerkabinetts in Frage gestellt.

Vizepräsidentin Mehriban Aliyeva rekrutiert die Top-manager, neulich ist der Botschafter in Frankreich Elchin Amribayov zum stellvertretenden Vizepräsidenten ernannt worden. Die Kader von Aliyeva sind besonders qualifiziert, beherrschen mehrere Sprachen, sind meistens Absolventen der europäischen oder amerikanischen Universitäten und sind ehemaligen Diplomanten. Im Prinzip will der Präsident eine parallele Struktur schaffen, um mehr Übersicht zu gewinnen und die Gegner in dem System langsam zu neutralisieren. Faktisch ist es der ökonomische Sieg von Paschayevs, neulich haben sie mit GILAN Holding die Eigentümer von Ziya Mammadov untereinander aufgeteilt. Die Gehilfen der Vizepräsidentin sind meistens früheren Mitarbeiter in der Heydar Alijew Stiftung. Altay Hasanov, Yusuf Mammadaliyev, Mehdi Dadashov and Fariz Rzayev sollen die Flexibilität der Regierung in der ökonomischen Krise stärken, Ilham Aliyev sieht ein, dass die ökonomischen Gewinne des Landes nachlassen.