New Development Bank - eine Alternative zu Weltbank?
Gründungsphase und Ziele
Am Ende des Gipfeltreffens 2012 in Delhi beauftragten die Staats- und Regierungschefs ihre Finanzminister, die Voraussetzungen für die Gründung einer Entwicklungsbank zu prüfen. Daraufhin wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern aller BRICS-Länder eingesetzt, die die Machbarkeitsstudie durchführen und dem nächsten Jahresgipfel über die Machbarkeit und Tragfähigkeit der Gründung einer solchen Bank berichten sollte. Zum Abschluss des Gipfeltreffens 2013 kündigten die Staats- und Regierungschefs ihre Absicht an, eine neue Entwicklungsbank zu gründen, die Ressourcen für Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in den BRICS-Staaten und anderen Schwellen- und Entwicklungsländern mobilisieren sollte.
Hinzu kam die Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung. Die BRICS-Gruppe sah sich von wichtigsten Entscheidungsprozessen abgeschnitten. Als die Reformen in den größten multinationalen Organisationen IWF und Weltbank ausblieben, kamen die BRICS-Staaten zum Entschluss, eigene Organisation zu gründen. Zum Zeitpunkt der Bankgründung fehlten Berechnungen zufolge 1 Trillion Dollar jährlich, um die Infrastrukturprojekte zu finanzieren.
Gewisse Streitigkeiten löste Sitz der Bank. Obwohl Brasilien und Indien gegen eine Hauptquartiers in China waren, konnte China die anderen Länder überzeugen, im Gegenzug soll in nächsten zwei Jahrzehnten kein Vertreter von China das Amt des Präsidenten übernehmen.
Reaktionen auf die Gründung und Selbstbild
Manche Expertinnen und Experten wollten in der Gründung der Bank eine Kampfansage gegen die "westlich"-dominierte Finanzwelt sehen. Die Forscher aus dem so genannten "globalen Süden" begrüßen die Gründung der Bank als die Alternative für amerikanisch und europäisch dominiertes Finanzsystem. Die Hoffnung besteht darin, dass NDB die schwächelnden USA und europäische Länder auf den internationalen Märkten ersetzen würden. Besonders die russischen Expertinnen und Experten bemängeln die Dominanz der westlichen Ländern und Japan im IWF und der Weltbank. Die Expertinnen und Experten aus Südafrika und Brasilien beklagen hingegen, dass die New Development Bank doch bescheiden auftrete und keine innovativen Ideen vorantreibe.
Aber die Managementriege der Bank vermied die konfrontative Rhetorik. Der erste Bankpräsident, Kundapur Vaman Kamath aus Indien, sagte, dass NDB keine Konkurrenz anstrebt, der Markt sei groß genug für alle. Der Bank-Vizepräsident aus Südafrika Leslie Maasdorp schrieb auf der offiziellen Seite des Weltwirtschaftsforums zum vierjährigen Bestehen der Bank, dass die Bank die Verkörperung der Machtverschiebung zugunsten der Schwellenländer sei und das Streben nach größerer Rolle zeige. Außerdem seien die Investitionen in die nachhaltige Infrastruktur nicht genügend, um den Wirtschaftswachstum aufrecht zu erhalten. Die Bank versuche zudem die Kredite schnell zu genehmigen, um sich dadurch von alteingesessenen internationalen Finanzinstituten zu unterscheiden. Die NDB wird von den Ratingagenturen begutachten und erhielt bis jetzt hohe Bonitätsnote. Ein weiterer Alleinstellungsmerkmal ist, dass die Gesellschafter der Bank sowohl Kreditoren als auch die Debitoren seien. Dieses Model sei für viele Entwicklungsländer attraktiv, denn es schafft mehr Möglichkeiten für die gegenseitige Unterstützung. Außerdem setzten die Mitgliederstaaten einen Beobachter-Status in der UNO für die Bank durch, was erneut dafür spricht, dass die Bank in die bestehende Ordnung eingegliedert werden soll und nicht für die Konfrontation gedacht ist, was nach dem russischen Überfall nochmal deutlich wurde. Dieses Thema wird im weiteren Verlauf behandelt.
Bankaktivitäten
Die Infrastrukturprojekte brauchen lange Zeit, um sich finanziell zu lohnen. Die Kreditpolitik der Weltbank ist zum Teil an die politischen Forderungen gebunden, daher haben einige Länder wenig Freiraum, wenn es um die Beschaffung der Mittel auf den Geldmärkten geht.
Die New Development Bank bevorzugt einfache Finanzinstrumente, die schneller verfügbar sind und wenig Aufwand bei der Vorbereitung benötigen. Diese Politik ist eine Lehre aus der Finanzkrise vom Jahr 2008, die durch die zu komplizierten Finanzprodukte mitverursacht wurde. Zumindest in einem Fall, nach den Schweren Überflutungen in Brasilien in Rio Grande do Sul, kam diese Politik zur Geltung, die Hilfe in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar wurde genehmigt und an die lokalen Banken überwiesen. Sollten die Mitlieder wegen Kursschwankungen Devisen benötigen, ermöglicht Contingency Reserve Arrangements raschen Zugriff auf die Liquidität.
Die Umweltbilanz der Bank sieht zumindest zweideutig aus. 2016 wurden "grüne Anleihen" in Höhe von 3 Milliarden Yuan herausgegeben, um die erneuerbare Energien und weitere Umweltprojekte zu finanzieren. Große Projekte wie Transamazonische Schnellstraße, Medupi Kohlenkraftwerk, einer der größten in der Welt, stehen im Gegensatz zum deklarierten Ziel, umweltfreundliche Projekte zu fördern.
Die einfachen und lässigen Regularien unterscheiden die NDP von anderen vergleichbaren Organisationen, was allerdings dazu führen kann, dass die Länder Kredite aufnehmen, die sie nicht zurückzahlen können. Ein weiterer Kritikpunkt besteht darin, dass die Effizienz und Einhaltung der Regeln den Kreditnehmern überlassen wird, mit wenig Kontrolle seitens der Bank. Nichtsdestotrotz soll bis 2026 das Portfolio 60 Milliarden US-Dollar betragen, außerdem sollen auch die privaten Unternehmen Möglichkeit haben, Kredite zu bekommen.
Interne Abläufe sind sehr unkompliziert gestaltet. Bei der Einstellung von Mitarbeitenden sind keine Quoten für Mitglieder vorgesehen, die Stellen werden öffentlich ausgeschrieben. Die Arbeitssprache ist Englisch.
Schwerpunkte unter Präsidentschaft von Rousseff und Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine
Mit Dilma Rousseff kam ein politisches Schwergewicht an die Spitze der Bank. Rousseff äußerte sich regelmäßig zur Stellung und Funktion der Bank auf der internationalen Bühne. Programmatisch hierbei ist der Artikel für die staatliche Zeitung "People's Daily" aus China, dass der wachsende Protektionismus und die "lange Hand der Sanktionen" dazu dienen würden, den Aufstieg der Schwellenländer zu verhindern. Dabei verwendet Rousseff einen Begriff aus dem linken Vokabular und spricht von der "Hegemonie". Diese Hegemonie verhindere den wirtschaftlichen und sozialen Wachstum. Der Freihandel und Wissensaustausch, der die letzten Jahrzehnte die globale Ordnung geprägt habe, werde abgebaut. Rousseff warnt ausdrücklich vor einer Desintegration der Weltwirtschaft und Bildung der Länderblocks. Daher solle man die genannten Änderungen richtig einschätzen. Neben einer alternativen Wirtschaftsplattform fördere die Bank Infrastrukturprojekte und Konnektivität. Dabei verweist Rousseff ausdrücklich auf die chinesische "Belt and Road Initiative" und hofft auf die Synergien zwischen beiden. Interessant ist dabei der Verweis auf die fehlenden Innovationen in der Infrastrukturtechnologie der Länder, die Teil der "Belt and Road Initiative" seien. Rousseff bemerkt, dass auch die anderen Teilnehmer von "Belt and Road Initiative" der Bank beitreten könnten.
Dieser Ansatz ist interessant, kann auch indirekt darauf deuten, dass die Bank mehr auf China schaut, um Finanzmittel zu beschaffen und daher mehr Rücksicht auf die chinesischen Interessen nehmen muss. Erkennbar ist, dass Rousseff auf die Bereiche setzt, die von der "Belt and Road Initiative" nicht umfasst sind, wie die technische Entwicklung der Infrastruktur.
Beim Amtsantritt im Jahr 2023 verkündete Rousseff, die geopolitischen Folgen der westlichen Beziehungen zu Russland ausgleichen zu wollen, damals noch nach der Annexion der Halbinsel Krim und "hybridem" Krieg in der Ostukraine. Nach dem russischen Überfall am 24.02.2024 distanzierte sich die Bank von Russland und gab an, bestehende Aktivitäten einzufrieren und bestätigte im Juli 2024 nach dem Treffen zwischen Putin und Rousseff, keine neuen Projekte in Russland zu finanzieren.
NDB auf Expansionskurs
Die Bank profitiert vom Aufstieg in anderen Regionen. Für viele Schwellenländer ist die Bank eine willkommene alternative für Kreditquelle. Ägypten schloss sich der NDB im März 2023. Der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des ägyptischen Parlaments Mohamed Abdel-Hamid im Januar 2023 sagte, dass die Mitgliedschaft die Staatskasse entlasten würde, weil die Mitgliedstaaten nationale Währungen im Handeln verwenden dürften und somit sinke die Nachfrage nach US-Dollar. Auch Simbabwe beantragte die Aufnahme in die NDB, wie der Präsident Emmerson Mnangagwa bei Verhandlungen mit Putin 2023 in Petersburg.
Beim Treffen Ende Mai 2023 äußerte die Bank die Hoffnung, dass Saudi-Arabien beitreten werde, was die Position der NDB stärken könne. Allerdings betreibt Saudi-Arabien eigene Bank, Islamic Development Bank, was gegen eine aktive Rolle der Monarchie in der BRICS-Bank spricht. Allerdings besteht zwischen NDP und Islamic Development Bank seit Januar 2024 eine Arbeitsgruppe, die die Zusammenarbeit zwischen den beiden Banken koordinieren soll.
Chinas langer Schatten
Das Übergewicht Chinas ist eindeutig zu erkennen, weil die anderen BRICS-Staaten außer Indien sehr wohl abhängig sind. Aber wenn China langfristig die dominierende Stellung auf den internationalen Finanzmärkten einnehmen will, soll sie die Fehler der USA vermeiden, die ihre Position zu oft nutzten, um eigene Interessen zu verfolgen. China erhebt keine moralischen Ansprüche, was sie zusätzlich für Drittländer attraktiv macht.
Die Bankstruktur und die Entscheidungsfindung zeigen die Bereitschaft Chinas, eigene Macht durch multilaterale Organisationen zu begrenzen. Hier nimmt Brasilien die Stellung des Vermittlers zwischen zwei Riesen Indien und China. Auf diese Rolle versuchte Russland zu setzen, kann aber diese nach dem Angriff auf die Ukraine und dadurch entstandene Abhängigkeit von China nicht nicht einnehmen.
Gleichzeitig verfügt China über weitere Organisationen, in denen es über mehr Einfluss verfügt, wie Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB). Derzeit sieht es mehr danach aus, dass die chinesische Führung sich nicht auf die äußere Symbole konzentriert, sondern auf die Ausbau der Strukturen. So haben AIIB und NDB Zusammenarbeit angekündigt.
Bisher scheint es so zu sein, dass China ihre Investitionen mittels beider Banken geographisch streut, wobei AIIB mehr auf Asien konzentriert ist und NDB auf Afrika und Lateinamerika. Gleichzeitig bietet NDB vielen Ländern mit geringen Devisenreserven einen Zugang zu der chinesischen Währung, mit der sie handeln können. Renminbi kann auch beim Handel mit Öl verwendet werden, solche erdölreiche Länder wie Angola und Saudi-Arabien wollen bereits die Handelsvolumen mit Renminbi erhöhen.
Schlussbemerkungen
Trotz anfänglicher Hoffnungen führte die Gründung der New Development Bank zu keiner Revolution auf den internationalen Finanzmärkten, die Dominanz von IWF und der Weltbank bleibt bestehen. Vielmehr sorgte die Bank für die Ausbreitung der Kreditangebote. Die Unterschiede zwischen den Mitgliedern sind zu groß, um die Bank in ein effektives Instrument zu verwandeln. Hier fällt der Unterschied zur Weltbank und IWF deutlich auf, wo die Dominanz der USA die Richtung gibt. Obwohl China die dominante Rolle in NDB einnehmen könnte, verzichtet Peking darauf, um die Partner nicht zu verärgern. Außerdem diversifizierte die chinesische Führung ihre Investitionsinstrumente und nutzt NDB für die finanzielle Aktivitäten in Afrika und Lateinamerika.